Ma Yueliang hat fünf wichtige Aspekte genannt, die beim Üben des Tai Chi Chuan immer beachtet werden sollten:
Jing (Ruhe)
Das Bewusstsein ist hochgradig konzentriert und die Nervenzentren befinden sich in einem angeregten Zustand. Die Atmung ist gleichmäßig, das Qi ist ins Dan Tian gesunken. Das nennt man die Ruhe des Körpers.
Die Bewegungen sind leicht, behend, gewandt und fließend ohne Stockungen. Das nennt man die Ruhe des Herzens/der Seele.
Sowohl der Körper als auch die Seele sind entspannt. Das nennt man die Ruhe des Geistes.
Die Vorstellung in der Bewegung Ruhe zu finden, wird in einem Klassiker beschrieben: „Aus der Ruhe kommt die Bewegung, aber die Bewegung behält trotzdem die Ruhe.” Den Effekt der Überraschung erreicht man, indem man sich auf den Gegner einstellt.
Qing (Leichtigkeit)
Die Leichtigkeit im Tai Chi Chuan darf man nicht nur so verstehen, dass keine Kraft verwendet wird. Die Leichtigkeit ist das Gegenteil der Schwere.
In dem Klassiker ‚Tai Ji Quan Jing’ heißt es:“ Tai Ji ensteht aus dem Nichts (Wu Ji). Es ist das Bindeglied zwischen Bewegung und Ruhe und die Mutter von Yin und Yang.“ Hier gilt insbesondere: „In jeder Bewegung soll der ganze Körper leicht und beweglich sein, als wären alle seine Teile auf einem Faden aufgereiht. Qi soll entfaltet werden. Der Geist soll im Inneren angesammelt sein.”
Leichtigkeit kann man auch mit dem Begriff Geschmeidigkeit gleichsetzen. Leichtigkeit ist aber keine Schlaffheit. Schlaffheit oder Kraft zu verwenden, das ist die so genannte „doppelte Schwere“. Das ist das größte Tabu im Tai Ji Quan.
Man (Langsamkeit)
Langsamkeit bedeutet keinen Stillstand. Sie beinhaltet das gleichmäßige Fließen der Bewegungen ohne Unterbrechungen. Langsamkeit bedeutet:“ Einer schnellen Bewegung antwortet man schnell, einer gemächlichen Bewegung antwortet folgt man gemächlich. Jede Bewegung muss genau und perfekt sein. Beim Üben müssen die Bewegungen wie der Yangtse und das Meer ununterbrochen dahin strömen.
Qie ( Gewissenhaftigkeit)
Gewissenhaftigkeit hat zwei Bedeutungen: zum einen soll man gewissenhaft die Bewegungen ausführen, zum anderen soll man ernsthaft und solide sein und sich Mühe geben bei jeder Bewegung.
Außerdem verlangt die Gewissenhaftigkeit das Studieren und Überprüfen.
So wie die Altvorderen sagen: „wie geschnitten, wie gefeilt, wie geschnitzt, wie geschliffen“. […] Nur so kann man Fortschritte machen.
Heng (Ausdauer)
Unter Ausdauer ist zuerst die Beharrlichkeit zu verstehen. Ob strenge Kälte oder drückende Hitze, man sollte stets regelmäßig üben. Das ist ein Prozess zur Prüfung des Charakters und der Willensstärke der Lernenden. Außerdem versteht man unter Ausdauer das feste Maß, d.h. eine gewisse Intensität muss erreicht werden. Nur wer unter dem Motto „mit einem eisernen Willen kann ein Stößel zur Nadel geschliffen werden“ übt, kann den wahren Sinn des Tai Chi Chuan erkennen.